Marina Hethke als Vertreterin des Gastgebers „Gewächshaus für tropische Nutzpflanzen, Witzenhausen“ und Susanne Gura vom Vorstand des Dachverbandes begrüßten rund 50 Teilnehmende.
Hans-Joachim Bannier vom Pomologenverein erläuterte in seinem Vortrag „Verkehrte Kirschenwelt – Warum die besten Kirschensorten vom Markt verschwinden“, dass es vor 1950 in Mitteleuropa regionale Kirschsorten von sehr unterschiedlicher Reifezeit im Handel gab. Die frühen Sorten reifen vor dem Schädlingsbefall heran und könnten heute für den pestizidfreien Anbau interessant sein. Allerdings sind sie eher weich und häufig gelb ; sie wurden im Handel durch rote und schwarze Sorten aus dem Mittelmeerraum mit entsprechender Werbung verdrängt. Selbst für den privaten Anbau werden diese Sorten nur noch selten angeboten.
Magdalene Pietsch (Vortrag gemeinsam mit Maureen Möwes) vom Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit des Julius-Kühn-Institut in Braunschweig erläuterte, welche bestehenden und neuen pflanzengesundheitsrechtlichen Bestimmungen für das Verbringen und die Einfuhr von Pflanzgut relevant sind; Saatgut ist von den meisten Bestimmungen ausgenommen, ebenso wie Forschung und Züchtung. Die Pflanzengesundheitsdienste der Bundesländer sind für Detailauskünfte anzusprechen.
Michael Stork (VEN) beschrieb die „Wege zur Erhaltungszucht von Küchenzwiebelsorten“. Anders als Selbstbefruchter, von denen mehrere Sorten ohne große Pflanzabstände vermehrt werden können, wurden verschiedene Küchenzwiebelsorten als Fremdbefruchter von einer Regionalgruppe des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt in verschiedenen Gärten angebaut. Viele der Herkünfte stammen aus der Genbank Gatersleben, von denen sich mehrere als Hybride erwiesen hatten, die nicht in eine Genbank gehören. Auch braucht man bei Fremdbefruchtern mehr als die üblichen 50-Korn-Portionen, um Inzuchteffekte zu vermeiden. Der Zwiebelanbau bis zur Samenreife ist von vielen Problemen begleitet, so dass Kulturfragen für die Regionalgruppe ein wichtiges Thema waren.
Susanne Gura (VEN) und Andreas Riekeberg (Saatgutkampagne) stellten den Stand der EU Saatgutrechtsreform vor. Nach der Zurückweisung durch das EU-Parlament hat die neue EU-Kommission über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Zurückweisungsgrund war vor allem, dass die Kommission sich zuviel Entscheidungsfreiheit in Form der Delegierten Akte vorbehalten hat. Ministerrat und Kommission hatten sich parallel zum Parlament mit dem Reformvorschlag befasst und sich in vielen Punkten auf Veränderungen geeinigt. Es ist zu befürchten, dass die Kommission zum geeigneten Zeitpunkt den alten Vorschlag mit diesen Änderungen erneut vorlegt. Zunächst will Kommissionspräsident Juncker das Thema Gentechnik voranbringen. Die Bewertung der Parlamentsentscheidung durch die Erhalterorganisationen unterschied sich vor allem danach, ob sie das nahende TTIP-Freihandelsabkommen, die erwartbaren Auswirkungen auf Entwicklungsländer, das Zusammenspiel mit der Pflanzengesundheitsrechtsreform (der das Parlament zugestimmt hat), die neuen gentechnikähnlichen Züchtungsmethoden, die Entwicklung des Ökolandbaues und anderes in Betracht zogen oder nicht.
Prof. Gunter Backes, Lehrstuhlinhaber für Ökologische Pflanzenzüchtung und Agrarbiodiversität der Universität Kassel beschrieb die Rolle der Sortenvielfalt de facto für die, und in der, Pflanzenzüchtung.
Ursula Reinhard und Gerhard Roth (VEN) stellten die neue Online-Datenbank des VEN vor, aus der die Saatgutliste generiert wird. Als eine der wenigen Sortendatenbanken weltweit kann auch nach Eigenschaften der Sorten gesucht werden. Aus Anlass des Symposiums wurde die Datenbank online geschaltet; eine entsprechende Pressemitteilung fand viel Aufmerksamkeit der Medien.
Über den Stand der Online-Datenbank des Pomologenvereins berichtete Annette Braun-Lüllemann.
Henrik Maass von der Jungen ABL (Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft) erläuterte: Ernährungssouveränität ist das Recht der Gemeinschaften auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. … Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne“.
Marina Hethke, Leiterin des Tropengewächshauses der Universität Kassel stellte ein neues DBU-gefördertes Projekt über Multiplikatorenausbildung Biodiversität in Witzenhausen vor.
Maria Vöhringer berichtete über den von ihr entwickelten Wahlkurs an der Uni Witzenhausen: Praktische Einführung in die Saatgutgewinnung. Damit ist erstmalig an einer deutschen Universität die Samengärtnerei gelehrt worden.
Auch Jette Haak war in Witzenhausen in der Ausbildung über Kulturpflanzenvielfalt tätig und hatte im Tropengewächshaus einen Weizenevolutionsgarten angelegt und dokumentiert.
Kornelia Stock (VEN und Transition Hannover) stellte den Vermehrungsgarten in Hannover vor, der neben der Erhaltung auch der Bildungsarbeit dient und bei Transition Hannover viel tatkräftige Unterstützung erhält.
Iris Förster von ProSpecieRara Deutschland berichtete über ein neues Vermarktungsprojekt von ProSpecieRara und Rinklin Naturkost: „Alte Sorten neu entdeckt“
Thomas Penndorf, Lebensgut Cobstädt: Obstsortenerhaltung am Jakobsweg in Mitteldeutschland
Andreas Ellenberger stellte als jüngstes Mitglied des Dachverbands die Aktivitäten von Hortus Officinarum in der Schweiz vor.
Olga Khomenko studiert an der Universität für Bodenkultur in Wien und hat sich der Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt verschrieben. Sie berichtete über Büffelerhaltung in den Ukrainischen Karpaten.
Viel Freude hatten die Symposiumsteilnehmenden an der durch die Gesellschaft zur Erhaltung der Haustierrassen (GEH) organisierten Exkursion: Erhard Aubel zeigte den Einsatz von Rotem Höhenvieh in der Landschaftspflege in Rosbach und Antje Feldmann führte zu ihren Wallachenschafen des Internationalen Zuchtprojektes in Ellingerode.