Landwirtschaftliche Vielfalt verdient mehr Unterstützung - Zum Tag der Biologischen Vielfalt der Vereinten Nationen

Bonn, 22. Mai 2015 -  Mais, Reis, Weizen, Soja – die Welternährung hängt nur noch von wenigen Kulturpflanzenarten ab. Der Mais hat dabei längst alle anderen überholt – vor allem wegen seiner Bedeutung als Treibstoff und – wie Soja- als Futtermittel für die global wachsende industrielle Tierhaltung. Auch in der Nutztierzüchtung herrscht überwiegend Einfalt. Nur noch wenige Züchtungsfirmen bieten auf dem Weltmarkt eine sehr beschränkte Auswahl an genetisch eng verwandten Tieren. Deren Leistung wird vor allem in schneller Gewichtszunahme oder hoher Milch-, Eier- oder Ferkelproduktion gemessen. Ältere Rassen sind hingegen robust und können sich dank ihrer breiteren genetischen Ausstattung an unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen. Ältere Kulturpflanzensorten haben vergleichbare Vorteile gegenüber den neueren, für die Marktzulassung homogen gezüchteten Hochleistungssorten.

Forschung, Subventionen und gesetzliche Rahmenbedingungen verdrängen – mit wenigen Ausnahmen-  trotz dieser Erkenntnisse weiterhin die landwirtschaftliche Vielfalt. Das Ergebnis sind unter anderem ausgeräumte Mono-Kulturlandschaften, pestizidbelastete Böden und Gewässer, massive Tierschutzprobleme, Antibiotika-Resistenzen, Super-Unkräuter und eine hoch konzentrierte Züchtungsindustrie, die alltäglich gentechnikähnliche Methoden anwendet und geistige Eigentumsrechte an Pflanzen und Tieren beansprucht. Nicht nur auf gentechnisch, sondern auch auf konventionell gezüchtete Pflanzen hat das Europäische Patentamt bereits Patente zugelassen.

Biologische Vielfalt wird oft mit Artenvielfalt gleichgesetzt. Im Fall der landwirtschaftlichen Vielfalt wird besonders deutlich, wie wichtig die genetische Vielfalt innerhalb einer Art ist, und welche Rolle ein biodiversitätsreiches Ökosystem spielt. Robuste Pflanzen mit einer breiten genetischen Ausstattung können auf den Klimawandel besser reagieren und im  Zusammenspiel mit anderen Lebewesen im Ökosystem wie Bodenorganismen und Bestäubern die Ernährung sichern. Sie gedeihen unabhängig von Agrarchemie und erlauben daher einen klimafreundlichen Anbau. Darüber hinaus lassen sie sich sortenrein vermehren und bieten daher Unabhängigkeit von den Saatgutmarktführern, die solche so genannten samenfesten Sorten im Gegensatz zu Hybridsaatgut selten anbieten.

Mit technischen Entwicklungen wie den Hybriden konnten Züchter nach und die Saatgutmärkte erschließen, denn viele Landwirte gaben die eigene Saatgut-Selektion auf und kaufen das kurzfristig ertragreichere Hybridsaatgut, das daher den Verlust der Kulturpflanzenvielfalt erheblich gefördert hat. Die Hybridzüchtung von Geflügel und Schweinen hat dieselbe Wirkung, bedauert Susanne Gura vom Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Bisher ist die Hybridisierung von Weizen noch nicht wirtschaftlich, daher wird aktuell die Forschung an Hybridweizen massiv gefördert. Die Fördermittel für Ökolandbauzüchtung nehmen sich dagegen sehr bescheiden aus. Dabei könnten Sorten für den Ökolandbau dazu beitragen, den Verlust von Kulturpflanzenvielfalt wie auch generell von biologischer Vielfalt aufzuhalten.

 

Weitere Informationen: Susanne Gura,  T: 0228-9480670