Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt vor massiven Einschnitten

Dachverband fordert wirksame Ausnahmen für Biodiversität im EU-Saatgutrecht

Bonn, 6. Juli 2023 - Susanne Gura vom Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt kommentiert den am 5. Juli veröffentlichten EU-Vorschlag:

„Das Ziel der EU-Kommission, die Kulturpflanzenvielfalt von den neuen Saatgutrechtsvorschriften auszunehmen, ist begrüßenswert – allerdings sind so grundlegende Mängel im Vorschlag der EU-Kommission enthalten, dass sie sogar zum Gegenteil, nämlich zum Verlust der Kulturpflanzenvielfalt führen könnten.

Ausnahmen für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt würden dem Vorschlag zufolge nur für formale Netzwerke und Organisationen eingeräumt. Sie müssen aber auch für Einzelpersonen gelten. Ohne Gärtner*innen und Landwirt*innen würde das Fundament der Vielfalt, die „on farm“-Erhaltung, wegbrechen. Genbanken dienen vor allem als Notreserve und der Forschung.

Zwar dürfen nicht registrierte Sorten an Hobbygärtner*innen verkauft werden. Der Biodiversität nützt das aber wenig, denn wenn Hobbygärtner*innen selbst mit der Samengärtnerei beginnen und Saatgut alter Sorten verkaufen wollen, müssten sie sich als Betreiber amtlich anmelden. Die in erster Linie für die gewerbliche Produktion eingeführte Betreiberanmeldung und viele weitere Vorschriften wären unverhältnismäßig und abschreckend. Sie würden die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt in Hausgärten und Kleinbetrieben erheblich einschränken. Erhalter*innen dürfen nicht in den Geltungsbereich des Saatgutrechts fallen. Sie müssen von Melde-, Berichts- und anderen Verwaltungspflichten komplett ausgenommen werden. Für seltene Sorten wirkt sich jeder Verwaltungsaufwand praktisch wie ein Verbot aus.

Da Landwirt*Innen -ginge es nach dem EU-Kommissionsvorschlag- ihr selbst geerntetes Saatgut von Vielfaltssorten nur noch tauschen, nicht verkaufen könnten, wären Neueinstiege nicht vorgesehen. Die Kulturpflanzenvielfalt könnte von den Feldern verschwinden. Für ihre Erhaltung unverzichtbar ist das traditionelle Recht, Saatgut aus eigener Ernte zu verkaufen. Dieses Recht ist zudem als Teil der bäuerlichen Rechte international vereinbart.

Die Ziele der internationalen Übereinkommen ITPGRFA und UNDROP zum Schutz der landwirtschaftlichen Vielfalt würden durch den vorgelegten EU-Vorschlag verfehlt.

Der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt fordert die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten und besonders die deutsche Bundesregierung auf, für entsprechend umfassende Korrekturen des Gesetzesvorschlags zu sorgen, damit die on farm-Erhaltung nicht beeinträchtigt wird. Dieses Kulturerbe der Menschheit samt Grundlage zur Anpassung der Landwirtschaft an die Klimaerwärmung ist an die kommenden Generationen weiterzugeben.“

 

Entwurf der EU-Kommission: https://food.ec.europa.eu/plants/plant-reproductive-material/legislation/future-eu-rules-plant-and-forest-reproductive-material_en

Mehr Info: Kulturpflanzenvielfalt – eine Beschreibung

Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V, http://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org

Kontakt: Dr. Susanne Gura, Tel.: 0049 177 6691400

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DV PM Saatgutrechtsentwurf 6.7.2023.pdf94.67 KB
Dachverband Press Release EU seed law proposal 6.7.2023.pdf94.22 KB